
Kennst du diese Stimme in deinem Kopf, die ständig meckert? Die dir sagt, dass du nicht gut genug bist, dass du dich mehr anstrengen solltest oder dass andere viel besser sind? Willkommen im Club – das ist dein „innerer Kritiker“. Friedemann Schulz von Thun, einer der einflussreichsten Kommunikationspsychologen, hat sich ausführlich mit diesem Phänomen beschäftigt. Seine Sichtweise ist spannend, denn er betrachtet den inneren Kritiker nicht nur als lästigen Nörgler, sondern als eine innere Stimme, die wir besser verstehen und sogar nutzen können.
Lass uns gemeinsam erkunden, was es mit dem inneren Kritiker auf sich hat, wie er entsteht und – das Wichtigste – wie du einen neuen Umgang mit ihm findest.
Was ist der innere Kritiker?
Laut Schulz von Thun gehört der innere Kritiker zu unserem Inneren Team. Stell dir vor, in deinem Kopf sitzen verschiedene Stimmen wie in einer Teamkonferenz: Der Mutige, die Träumerin, der Perfektionist – und eben auch der Kritiker. Der Kritiker ist oft besonders laut, wenn es darum geht, dich vor Fehlern oder Blamagen zu bewahren. Er möchte, dass du „perfekt“ bist, damit du nicht kritisiert wirst.
Das klingt ja eigentlich gar nicht so schlecht, oder? Aber das Problem ist, dass der innere Kritiker oft ziemlich rabiat vorgeht. Er redet uns klein, übertreibt und macht uns das Leben schwer. Statt uns zu motivieren, lähmt er uns.
Woher kommt diese Stimme?
Der innere Kritiker entsteht nicht aus dem Nichts. Schulz von Thun erklärt, dass diese Stimme oft aus früheren Erfahrungen stammt – insbesondere aus der Kindheit. Vielleicht hast du schon früh gelernt, dass du nur geliebt wirst, wenn du etwas „leistest“ oder „funktionierst“. Oder vielleicht gab es Menschen in deinem Umfeld, die dich oft kritisiert haben.
Die Stimme des inneren Kritikers ist also eine Art Nachhall von äußeren Stimmen, die irgendwann in dein Inneres gewandert sind. Sie möchte dich schützen – auf ihre sehr spezielle Art. Leider merkt der innere Kritiker dabei nicht, dass seine Methoden oft mehr schaden als nützen.
Die zwei Gesichter des inneren Kritikers
Hier kommt Schulz von Thun mit einer spannenden Perspektive ins Spiel. Er sieht den Kritiker nicht nur als destruktiv, sondern erkennt auch sein potenzielles Gutes:
- „Das destruktive Gesicht“: Das ist der Teil des Kritikers, den wir alle kennen. Diese Stimme ist scharf, hart und oft gnadenlos. Sie sagt Dinge wie: „Das kannst du doch eh nicht!“, „Andere sind viel besser als du!“ oder „Wenn du scheiterst, bist du ein Versager!“. Klar, dass diese Art von Kritik unsere Selbstachtung und unser Vertrauen in uns selbst untergräbt.
- „Das konstruktive Gesicht“: Hier wird es interessant. Schulz von Thun zeigt, dass hinter der harschen Kritik oft eine wertvolle Botschaft steckt. Der Kritiker will uns darauf hinweisen, wo wir uns verbessern können oder wo Vorsicht angebracht ist. Aber das geht auch in einem freundlicheren Ton!
Wie kannst du mit deinem Kritiker umgehen?
Der innere Kritiker wird nicht einfach verschwinden – und das muss er auch gar nicht. Vielmehr geht es darum, ihn neu zu verstehen und seinen Ton zu ändern. Hier ein paar praktische Ansätze, inspiriert von Schulz von Thun:
1. Lerne deinen Kritiker kennen
Setz dich mal bewusst mit deinem inneren Kritiker auseinander. Was sagt er genau? In welchen Situationen wird er besonders laut? Schreib seine Aussagen auf. Das kann dir helfen, seine Muster zu erkennen.
2. Trenne die Botschaft vom Ton
Hinter jeder Kritik steckt meist ein Anliegen. Frag dich: „Was will mein innerer Kritiker eigentlich? Wovor will er mich schützen?“ Vielleicht will er dich daran erinnern, deine Aufgaben ernst zu nehmen, oder dich davor bewahren, dich zu blamieren. Nimm die Botschaft wahr – aber lass dir den Ton nicht gefallen!
3. Sprich zurück
Ja, du darfst mit deinem Kritiker reden! Sag ihm freundlich, aber bestimmt, dass du seinen Rat gehört hast, aber den Tonfall nicht akzeptierst. Du kannst auch einen neuen „inneren Coach“ etablieren, der dir hilfreiche Alternativen anbietet.
4. Hol dein inneres Team ins Boot
Wie Schulz von Thun sagt, bist du mehr als nur dein Kritiker. Dein Inneres Team besteht aus vielen Stimmen – auch positiven! Gib anderen Teammitgliedern eine stärkere Rolle: zum Beispiel dem Ermutiger oder der Selbstfürsorge.
Dein Kritiker als Verbündeter
Das Ziel ist nicht, den Kritiker zum Schweigen zu bringen, sondern ihn zu einem konstruktiven Partner zu machen. Stell dir vor, dein Kritiker würde statt „Das war total schlecht!“ sagen: „Das könntest du beim nächsten Mal noch besser machen.“ Klingt doch viel angenehmer, oder?
Mit etwas Übung kannst du lernen, die Botschaften deines Kritikers sinnvoll zu nutzen, ohne dich von ihnen herunterziehen zu lassen. Du kannst ihn als eine Art „inneren Berater“ sehen, der dir Hinweise gibt, ohne dich zu demotivieren.
Fazit: Werde der Chef deines inneren Teams
Der innere Kritiker mag nervig sein, aber er ist auch ein Teil von dir – und er hat das Potenzial, dir zu helfen, wenn du ihn neu ausrichtest. Mit den Ansätzen von Friedemann Schulz von Thun kannst du lernen, ihn besser zu verstehen und ihn in ein konstruktives Mitglied deines Inneren Teams zu verwandeln.
Also, warum nicht mal ausprobieren? Das nächste Mal, wenn dein innerer Kritiker loslegt, hör genau hin, aber lass dich nicht einschüchtern. Zeig ihm, dass du die Kontrolle hast – und dass du bereit bist, ein echter Teamleiter für all deine inneren Stimmen zu sein! 😊
Kommentar hinzufügen
Kommentare